Makatsch und Bleibtreu stechen singend in See

Kritik: Ich war noch niemals in New York
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© Universal Pictures International Switzerland.

Udo Jürgens war einer der Grossen. Seine Lieder bezauberten Generationen. Die Zusammenführung seiner bekanntesten Werke in ein Musical war deshalb keine Überraschung. Und dieses Musical namens «Ich war noch niemals in New York» wurde nun mit Heike Makatsch und Moritz Bleibtreu in den Hauptrollen verfilmt. Herausgekommen ist ein buntes und überdrehtes Stück. Die frustrierte Fernsehmoderatorin Lisa (Heike Makatsch) landet aufgrund der Amnesie ihrer Mutter Maria (Katharina Thalbach) auf hoher See Richtung New York. An Bord treffen beide Frauen, mitsamt Maskenbildner Fred (Michael Ostrowski), auf Liebe, Schmerz und viel Kitsch.

 

In «Ich war noch niemals in New York» wird praktisch jedes Klischee ausgepackt: die frustrierte Karrierefrau, der homosexuelle beste Freund, die verlorene Jungendliebe, die fluchende, aber liebenswürdige Ostblockdame, der zerstreute Professor und viele mehr. Verpackt wird das Ganze in eine «Einhornfarbene Zuckerwatte»-Ästhetik. Wir befinden uns in der heutigen Zeit, aber die Kostüme, Farben und auch Rollenbilder entsprechen vielmehr den Sechzigerjahren. Und auch die Moral der Geschichte: Glück heisst Liebe, Familie und Geborgenheit. Und diese stehen im Widerspruch zu Karriere-Ambitionen, Weltreisen und generell der Verfolgung von eigenen Interessen. Okay, dies ist jetzt ein wenig überspitzt formuliert, jedoch trifft es den Nagel auf dem Kopf, wenn es darum geht, zu überlegen ob und wie dieser Film mit den heutigen Werten übereinstimmt. Es könnte kompliziert werden ausser … ausser man sieht es als das, was es ist: eine überspitzte, überzeichnete Satire mit wunderbaren Udo Jürgens-Songs. Gesanglich vermag die ganze Crew perfekt mitzuhalten. Überraschenderweise glänzen Hauptdarsteller Heike Makatsch und Moritz Bleibtreu vor allem in den singenden und tanzenden Momenten, die beiden sichtlich Spass machen.

 

Als Zuschauer wird man trotz kritischer Miene und Anspruch voll hineingezogen in die Gute-Laune-Welt, ob es einem passt oder nicht. Subtilität wird hier klein geschrieben und darauf muss man sich zuerst einmal einlassen, weshalb den meisten Besuchern die zweite Hälfte deutlich besser gefallen wird, rein aus psychologischer Sicht. Lässt man es geschehen, singt man früher mit als man denkt. So einfach sind wir Menschen.

 

Die Musicalverfilmung ist ein kräftiger, regenbogenfarbiger, konfettiregnender Schlag ins Gesicht. Widerstand ist zwecklos. Je früher man mitschwingt, desto eher besiegt man die Seekrankheit.

 

  • Ich war noch niemals in New York (Deutschland 2019)
  • Regie: Philipp Stölzl
  • Besetzung: Heike Makatsch, Moritz Bleibtreu, Katharina Thalbach, Uwe Ochsenknecht, Pasquale Aleardi, Michael Ostrowski, Judith Neumann, Nikita Vasilchenko, Michael Aston, Dennis Vehlen
  • Laufzeit: 129 Minuten
  • Kinostart: 17. Oktober 2019

 

Tanja Lipak / Mi, 16. Okt 2019